Denklatenz

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Ein Bericht vom NSA-Untersuchungsausschuss

Recht auf Vergessen

Am 14. Januar 2016 traf sich der Parlamentarische Untersuchungsausschuss zur 81. Sitzung des NSAUA.

15. Januar 2016

von René Buchfink

Bild: "Zeuge Ernst Uhrlau vor Beginn der Anhörung" von Netzpolitik.org unter CC BY-NC-SA 3.0

Für die gestrige Sitzung waren zwei schon bekannte Zeugen geladen zum einen handelt es sich um den BND-Mitarbeiter H. K. und zum anderen den früheren Spitzenbeamten und jetzigen Pensionär Herr Uhrlau. Herr K. zum bereits 3. mal und Herr Uhrlau zum 2. mal.

Es ist ein trüber Donnertag Vormittag, im Sitzungssaal 4900 sind trotz der großen Glasfassaden alle Lichter und Spots zu Erhellung des Saals angeschaltet. Der Saal hat 2 Ebenen. In der unteren Ebene sitzen die Ausschussmitglieder der Fraktionen unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Sensburg, den Ausblick auf das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus im Rücken. Dem gegenüber sitzen die Vertreter der Ministerien. Im Mittelkreis sitzen die Zeugen und deren anwaltliche Vertretung. Die Protokollanten stenografieren ebenfalls von der Mitte aus. Auf einer halbrunden Empore können Vertreter der Medien und Zuschauer den öffentlichen Sitzungen beiwohnen und zuhören. Die Lautsprecher sind allerdings nach unten gerichtet so das mitunter der Ton trotz Verstärkung recht leise ist.

Der erste Teil der Sitzung begann schon um 11.00 Uhr, entgegen der Ankündigung von 11.30 Uhr. Der Bericht beginnt gegen 11.30. Der Zeuge H.K. wurde vernommen.

H.K. ist ausgebildete Luft- und Raumfahrtingenieur und seit 1985 beim Nachrichtendienst tätig. Seit 2003 leitete er unterschiedliche Referate der Abteilung für Technische Aufklärung in der Zentrale in Pullach. Derzeit ist er als Referatsleiter in der Abteilung „Beschaffungslage und Selektion“ beschäftigt.

Im ersten Teil bis 13.00 Uhr überlässt die Regierungskoalition die Fragezeit fast vollständig den Oppositionsparteien DieLinke und Bündnis90/DieGrünen. Für die Partei DieLinke sind Martina Renner und André Hahn, für die Grünen sind Konstantin v. Notz und Christian Ströbele im NSA Untersuchungsausschuss.

In einer der ersten Fragerunden wollte von Notz wissen wo in den Akten steht, welche Strecken, Kabel und Längen der Auslandsgeheimdienst abgreift. Der Zeuge H.K. kann und will nach dem Veto des BND-Mitarbeiter Wolff nichts dazu sagen. Nach mehrmaligen hin und herfragen, wo und wie, welche Telekommunikationsstrecken der BND belauscht, entsteht der Eindruck, das der BND versucht diese Daten bzw. Akten als imaginär darzustellen, das es keine Aufzeichnungen oder Akteneinträge gibt, wo aufgeschrieben worden wäre welche Strecken und Kabelverbindungen erfasst worden sind.

Nachdem man dort nicht weitergekommen ist, fragte Hans-Christian Ströbele den Zeugen ob er „Vermerke“ an jeweils einzelnen Selektoren feststellen konnte? Wie den der BND die von der NSA eingereichten Selektoren prüfe und ob deutsche Grundrechtsträger betroffen sind? Dazu machte der Zeuge Hr. K. nur äußerst wage Aussagen. Mit viel mühe seitens der Befrager ließ sich der Zeuge dazu bewegen zu Protokoll zugeben, daß weniger als 50 Prozent der einzelnen Selektoren „Vermerke“ beinhalten. Eine seine Argumentationen war, er könne es nicht sagen, u.a. weil er beim durchscrollen einer langen Tabelle nicht abschätzen kann, wieviele „Vermerke“ aufgeführt worden sind.

Bei der Befragung kam unter anderen heraus, das der BND offenbar nicht in der Lage ist, alle von der NSA eingereichten Selektoren zu Interpretieren. Die Frage von Ströbele an den Zeugen ob auch Telefonnummern von Oppermann und Ströbele unter den Selektoren gewesen sein können beantwortete der Zeuge mit „mag sein“.

Martina Renner fragte den Zeugen ob er persönlich Selektoren gesehen habe, dies verneinte er zunächst, schwenkte dann aber um auf‚ ein paar, die er "lesen und verstehen" konnte.

Der Vertreter des BND Herr Wolff intervenierte heftig zu dem Thema weil, seiner Ansicht nach die Fragen und Antworten darstellen würden welche Fähigkeiten der BND hat und welche nicht.

Die Frage ob Alle oder nur nur Teile der nicht interpretierbaren NSA-Suchbegriffe ausgefiltert, verfälscht oder anderswie bearbeitet worden sind blieb Faktisch ungeklärt.

Gegen 13.00 wurde die Sitzung für eine Mittagspause unterbrochen.

Um 14.00 Uhr wurde die Sitzung wieder aufgenommen. Herr Uhrlau wurde ähnlich wie der vorrangegange Zeuge schon einmal geladen und sagte im August 2015 um ersten mal vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss aus.

Ernst Uhrlau wurde über über den Chefposten des Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg, Polizeipräsident in Hamburg. Von 1998 bis 2005 war Uhrlau Leiter der Abteilung VI im Bundeskanzleramt und somit Geheimdienstkoordinator im Bundeskanzleramt. Die Schnittstelle zwischen BfV, MAD, BND und Bundeskanzleramt. Von 2005 bis zu seinem ausscheiden 2012 war er Präsident des BND.

Diesmal erweiterte sich die Runde der Fragenden auf alle Bundestagsfraktionen.

Im Zentrum der Fragen von Patrick Sensburg stand der sogenannte „Freibrief“ den Uhrlau als Abteilungsleiter der Abteilung VI unter Frank-Walter Steinmeier an die Telekom schrieb. Es geht um den Zugriff des BND auf den Glasfaser-Netzknoten DE-CIX in Frankfurt bei der Deutschen Telekom. Nach einigen hin und her gab der Zeuge zu Protokoll das Frank Walther Steinmeier ‚inhaltlich‘ über den „Freibrief“ an die Telekom bescheid wusste. Es geht um das Projekt mit der Bezeichnung Eikonal. Von der Bezeichnung Eikonal habe er, so der Zeuge aus der Presse erfahren. Die Frage von Patrick Sensburg, ob Eikonal nach 2008 in irgendeiner veränderten Form weitergeführt worden ist beantwortete er mit „Nein“. Uhlaus Aussage nach, empfand das Bundeskanzleramt das Projekt als juristisch Zulässig. Bei der Frage ob der inzwischen neue Kanzleramtschef Thomas de Maizière über das beenden von Eikonal und Glotaic informiert worden sei, verneinte Uhrlau. Der Zeuge ließ verlautbaren, das es durchaus üblich sei, daß bei gescheiterten Operationen und Projekten innerhalb der betroffenen Abteilung geschwiegen wird und Verfehlungen nicht in die höher Verwaltungsebene getragen werden. Er kenne das aus seiner Zeit beim Verfassungsschutz. Er nannte es eine „Lehmschicht“ die untere Ebene von Oberen Verwaltungsebenen trenne. Uhrlau äußerte sich lapidar, das dies ja in allen möglichen Verwaltungen ein bekanntes Phänomen sei.

André Hahn von der Partei DieLinke erhob den Vorwurf, das der BND und das Bundeskanzleramt bewusst die G10-Kommission getäuscht habe und die wahre Intention hinter dem Zugriff auf den Frankfurter Datenknoten verschleiert habe. Der Pensionär Uhrlau formulierte in verschlungenen Worten, das er als Abteilungsleiter an der Schnittstelle zwischen Bundeskanzleramt und BND die politische Verantwortung tragen würde.

Immer wieder ging es der seit Stunden laufenden Befragung darum ob Deutschland „Geodaten“ an die Amerikaner geliefert hat, die schlussendlich z.B. im Irakkrieg zu Drohenmorden führte. Eine leichter Disput kam zwischen Patrick Sensburg, Martina Renner und dem Zeugen auf, die zwischen ‚verschobenen‘, ‚verfälschen‘ und ‚manipulierten‘ Geodaten unterschiedliche Interpretationsmöglichenkeiten lieferten. André Hahn versinnbildlichte in einem kurzen Einwurf, das ein „kleiner blauer Punkt“ auf einer Karte, zu einem ‚großen blauen Kreis‘ auf einer Karte würde. Konkret aber wurde die Frage ob der BND verfälschte Selektoren bzw. Suchbegriffe der NSA weitergegeben hat von BND-Mitarbeiter Wolff unterbunden. Auch der Hinweis von Uhrlau kam das der BND mit der NSA eine Kooperationen hatte und nicht mit der CIA. Die CIA sei der militärische Geheimdienst der USA nicht die NSA, so der Zeuge.

Flisek von der SPD wollte vom Zeugen gerne die „Weltraumtheorie“ mit eigenen Worten erläutert haben. Er sprach vom „offenen Himmel“.

Dieser Bericht von der 81. Sitzung des NSA-Untersuchungsausschuss endet gegen 18.00 Uhr. Die Sitzung endete etwa gegen 18.45 Uhr.