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Vorratsdatenspeicherung reloaded

Die Partei hat immer Recht

über den SPD Parteikonvent zur Frage über die Vorratsdatenspeicherung. Am 20. Juni 2015 beschloss die SPD in Berlin auf einen Parteikonvent, die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung (VDS).

22. Juni 2015

von René Buchfink

Im Bundestagswahlkampf 2013 lehnte die SPD die Vorratsdatenspeicherung Grundsätzlich ab. Die anlasslose Speicherung von Informationen über das Kommunikationsverhalten aller Bürger wollte die SPD nicht hinnehmen. Sie verwies damals, unter anderen darauf, das der Bundesgerichtshof die VDS für Verfassungswidrig erklärt hatte. Auch 2014 war die unterschiedliche Betrachtung in Sachen VDS ein Unterscheidungsmerkmal zwischen SPD und CDU. Noch im Dezember 2014, ging von der SPD und ins besondere, vom Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) ein eindeutiges Zeichen aus.

SPD Parteikonvent zur VDS
Bild: "SPD Parteikonvent" von Netzpolitik.org unter CC BY-NC-SA 3.0

Am 07. Januar starben beim Attentat auf die Statirezeitschrift Charlie Hebdo zwölf Menschen. Ein dritter Täter erschoss am Folgetag vier Menschen in einem Supermarkt.

Anschließend verfielen die Staatsoberhäupter vor allem in Europa in vermeintliche Trauer, die in einen für die Presse gestellten Trauermarsch in Paris gipfelte. Einige Politiker wie z.B. Guy Verhofstadt, der Leiter der Liberalen im Europaparlament überhöhten die Anschläge in Paris gar zu einem 11. September von Europa.

Im Zuge dieser geschürten Emotionen, und riesiger übertriebener Medienpräsenz, sah die CDU eine Chance ihrem kleinen Koalitionspartner die VDS aufzudrücken. Thomas de Maizière wendete sich als Bundesinnenminister, zuständig für polizeiliche Aufgaben, an den Vizekanzler Sigmar Gabriel, den Bundeswirtschaftsminister und Parteivorsitzenden der SPD. Unter dem Eindruck des Attentat stehend verschlimmerte Sigmar Gabriel seine ohnehin schwache Position in Sachen VDS noch mehr in Richtung pro Vorratsdatenspeicherung. Seine scheinbar geringe Kenntnis über den ganzen Themenkomplex VDS scheint ihn wenig zu stören. Hat er doch zweimal groben Unfug in Bezug auf die VDS behauptet. Zum einen führte er die positiven Erfahrungen der Norweger bei den Anschlägen von Oslo und Utoya an, obwohl die gar keine Vorratsdatenspeicherung haben. Das war Ende 2013 in Rahmen der Koalitionsverhandlungen mit der CDU. Zum anderen sagte er: „Hätten wir das [Instrument der Vorratsdatenspeicherung] bereits zum Zeitpunkt der ersten NSU-Morde gehabt, hätten wir weitere vermutlich verhindern können.“ Beide Behauptungen waren dreist und wurden als äußerst unseriöse Meinungsmache in der Bevölkerung und in Parteikreisen aufgenommen.

Das die Franzosen eine nationale Vorratsdatenspeicherung haben, erwähnt er mit keiner Silbe.

Trotz der lauten Äußerungen des Parteivorsitzenden hat das Justizministerium unter Heiko Maas diesbezüglich fachlich mehr Gewicht als das Wirtschaftsministerium. Heiko Maas hatte sich bis dato deutlich Sachkundiger gezeigt und sich deutlich gegen die VDS Positioniert. So trat ihm nun der Parteivorsitzende Gabriel entgegen und drängte ihn äußerst regiede, seine ablehnende Haltung gegenüber der VDS aufzugeben und sich nicht weiter gegen ihn den Parteiboss zustellen, sich gefälligst im Einvernehmen mit Thomas de Maizière eine Lösung einfallen lassen, wie man die VDS wiedereinführen kann.

Zwischen 2007 und 2010 gab es bereits eine VDS in Deutschland. Am 2. März 2010 erklärte das Verfassungsgericht die Vorschriften zur Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig und die entsprechenden Vorschriften für nichtig.

Am 8. April 2014 erklärte der Europäische Gerichtshof die Richtlinie über die Vorratsspeicherung von Daten für ungültig. Sie beinhaltet einen Eingriff von großem Ausmaß und besonderer Schwere in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf den Schutz personenbezogener Daten, der sich nicht auf das absolut Notwendige beschränken (quelle: Pressmitteilung)

Die Genossen auf Linie bringen

Mit dem Umschwenken des Bundesvorsitzenden Gabriel und dem einknicken von Heiko Maas, die VDS wieder einzuführen, kam es nicht nur in der Öffentlichkeit zu deutlichen Ablehnungsbekundungen. Die Basis und viele Landesverbände der SPD sprachen sich entschieden gegen die Wiedereinführung der VDS aus. Anfänglich versuchte der Parteivorsitzende seine Basis damit zu beruhigen in dem er daran erinnerte, dass es auf dem Parteitag von 2011 bereits ein Votum von 60:40 für die VDS gegeben hat. Dies war jedoch weit bevor der EU-Gerichtshof, 2014, die Richtlinie zur VDS gechancelt hat. Ganz nebenbei versucht man aus den Regierungskreisen den Begriff Vorratsdatenspeicherung umzubenennen in Mindest- bzw. Höchstspeicherfristen.

Als die SPD-Basis, in den letzten Wochen und Tagen, ihre ablehnende Haltung immer stärker formulierte, sah sich die Parteiführung zu einem Parteikonvent genötigt, wo die Frage; Soll die Bundestagsfraktion für oder gegen Annahme des ausgearbeiteten Gesetzesentwurfes stimmen, endgültig beantworten werden sollte. Die SPD-Generalsekretärin Fahimi sah gar die Koalition- und Regierungsfähigkeit in Gefahr falls der Konvent sich gegen das Gesetzesvorhaben ausspricht. Sigmar Gabriel drohte mit Rücktritt wenn das Ergebnis für ihn negativ ausfällt.

In der hitzig geführten Debatte stellte Sigmar Gabriel seinen Justizminister vor sich sich auf. Nun sollte Maas der Öffentlichkeit jene Fürargumente aufzeigen, die er selbst nicht aufzuzeigen vermochte. Justizminister Maas stand nun im Kreuzfeuer und musste die Kritik die er und das Vorhaben hervorrief mit seinen Argumenten verteidigen.

Als der Konvent am Samstag den 20.06.2015 in der Berliner Parteizentrale tagte, stimmte der gesamte Vorstand, inzwischen voll auf Linie gebracht, für den bisher ausgearbeiteten Gesetzesvorschlag. Bei den anderen Konventteilnehmern gab es ein deutlich differenziertes Bild.

Insgesamt gab es 114 stimmen dafür, 88 dagegen und 7 Enthaltungen.

VDS Parteikonvent
Bild: "SPD Parteikonvent VDS" von Denklatenz unter CC BY-SA 4.0