Was sind Commons eigentlich?
Commons sind Gemeinressourcen, Gemeingüter und soziale Beziehungen. Alle drei Charakterisierungen treffen zu und zwar immer gleichzeitig! Am besten geht man vom Wort „common” aus, dem Gemeinsamen. Das Gemeinsame bei den Commons sind die Ressourcen, die genutzt und gepflegt werden, sind die Güter, die dabei entstehen können, und sind die sozialen Beziehungen, die sich dabei bilden. (aber auch vorrausetzung sind, Anmerk. René) Und das Gemeinsame aller Commons ist, dass diese drei Aspekte bei den jeweiligen Commons so verschieden sind, dass niemand sie auch nur halbwegs vollständig beschreiben könnte.1
Als beispielhafte Veranschaulichung kann man sagen, Gemeinderessourcen sind Obstbäume die auf einer kollektiv genutzen Gemeindewiese stehen. Gemeingüter sind die Früchte die der Baum trägt und die sozialen Beziehungen sind die Verabredungen, wie mit den Ressourcen und Früchten umgegangen werden soll.
Warum sind Commons für profitorientierte Unternehmen so Begehrenswert?
Unternehmen sind im derzeit vorherrschenden System zumeist gekoppelt an Privateigentum. Dies muss nicht grundsätzlich negative Auswirkungen auf das soziale Klima haben, jedoch zeigt sich in wiederholenden Mustern, das die kapitalistische Wirtschaftsordnung systematisch danach strebt, Interessen privater Eigentümern zu befriedigen und monetäre Profite zu vereinnahmen. Commons oder wirtschaftliche Handlungen die primär dem Gemeinwohl zugewandt sind, werden deswegen missmutig beäugt.
Wie erwähnt orientieren sich Commons in der Regel am sozialen Mehrwert und nicht nach Rediteaussichten, somit entziehen sich Commons der kapitalistischen Wirtschaftslogik. Die Einverleibung von Märkten und Sphären, die außerhalb der monetären Profitlogik agieren, gehört aber zum Wesen des Kapitalismus. Somit stehen Commons auf dem Speiseplan profitorientierter Unternehmen. Das ist ein erster Grund warum Commons strukturell von kapitalistischen Unternehmungen bedroht werden: das bestreben neue Märkte zu eröffnen bzw. alternative Wirtschaftsformen zu zerstören.
Die Finanzialisierungsideologie des Kapitalismus, das heißt alles kann ökonomisiert werden, alles kann als Wirtschaftsgut behandelt werden kann, bedroht auch Commons die im ersten Augenblick gar nicht als handelbar erscheinen. Hinzu kommt, dass Commons den Anspruch der Fülle und Fairness haben, d.h. Vielfältigkeit, sowie oftmals einen ausgesprochenen Nachhaltigkeitsanspruch für sich verbuchen können. Unter kapitalistischen Betrachtungen ist all dies ein Hinderungsgrund, Güter ‚preisbar‘ zu machen. Künstliche Verknappung gehört zum Wesen des Kapitalismus. Das reicht von Ressourcen wie Holz über Dienstleistungen bis hin zu Wissen und Bildung. Selbst bei Dingen die lange Zeit als nicht vereinnehmbar galten, wie Wasser oder Sonnenlicht, wird versucht diese ‚geschenkten Gaben‘ als Wirtschaftsgut zu behandeln, oder schärfer formuliert zu misshandeln.
Gemeingüter werden gerne von kapitalistischen Unternehmen okkupiert. Dazu zählen besonders Commons die in der Gesellschaft etabliert sind und funktionieren, aber dem Kapitalismus noch nicht zugeordnet bzw. unterworfen sind. Das können z.B. das wissen um indigene Heilmethoden sein, Baumbestände, Land- und Agrarflächen. Dann aber auch, Dinge, Objekte, die ‚gottgebegen‘ sind (z.B. Sonne, Wind, Meer), die aber noch nicht als Wirtschaftsgut deklariert worden sind. Dazu sind passende Beispiele u.a. das Ringen um die effizientesten Standorte für Windenergiekraftanlagen (WEA), analog dazu Photovoltaik- oder Solarthermieanlagen. Auch ganze Meeresgebiete werden nach kapitalistischen Interessen ökonomisiert und okkupiert, sei es für den kommerziellen Fischfang, Abbau von Methanknollen, oder für Erdöl, Erdgas etc.. – Stichwort: rivale Resourcen.
Die Verbreitung von Märkten und Vermehrung der Marktteilnehmer ist ein Ziel des Kapitalismus. Ableitungen aus die aus einer kapitalistischen Einhegungen passieren, werden zwangläufig früher oder später kommerzialisiert werden. Unternehmen sind daran interessiert Abhängigkeitsverhältnisse zu erschaffen wie es zum Beispiel mit der geplanten Obsoleszenz praktiziert wird.
Commons werden ebenfalls vom Staat bedroht, auf deren Eigenschaften will hier an dieser jedoch Stelle nicht eingehen.
Neben der äußeren Bedrohung gibt es aber gefährdungspoteziale die von innen heraus kommen. So kann es sein, das sich einer der Commonener, so nennt man die Beteiligten die sich um eine Commonpoolresource kümmert, subtile Ziele setzt und völlig eigene Interessen verfolgt ohne die anderen Commonener zu Informieren. Dadurch kann es einer schleichenden Zerstörung der Commons kommen. Es besteht die Gefahr das die Ursprungsintention pervertiert, quasi unterwandert wird. Habgier kann dazu führen das Commons an Unternehmen Verraten und Verkauft werden. Pionierprojekte sind meiner Meinung nach besonders anfällig dafür.
Welche Strategien zum Schutz von Commons vor Okkupierung bestehen?
Der Schutz von Commons kann durch verschiedene Mittel gewährleistet werden. Eine der ältesten Formen ist die normative Rechtssicherheit. Im bestehenden System werden juristische Konstrukte gefunden, die den Schutz der Commons sicher stellen sollen. Am besten, dies wird im Vorfeld der Commonsproduktion gemacht. Creative-Commons ist ein typisches und modernes Beispiel, für diese proaktive Praxis. Vorteilhaft ist, das dies innerhalb der vorherrschenden Gesetzesstruktur geschieht und relativ schnell umgesetzt werden kann. Der schnelle Erfolg ist jedoch dadurch erkauft, das es die Ursachen die den Schutz erforderlich macht umgeht und nicht die Möglichkeit besteht die Rahmenbedingungen zu ändern. Das ‚legal hacking‘ kann nur maximal als Umkehrfunktion gelten, aber kann kein echtes Gegennarativ werden, weil es sich den Mechanismen des Systems bedient. Hacking bedeutet; ich nutze einen Gegenstand anders als er/es Ursprünglich gedacht war.
Wird ein Common gemacht, oder kommt es zu einer Geschäftsgründungen, wirtschaftlichen Idee die zum einen Kolloborationbeziehungen erschafft und zum anderen eine Ware-Kunde-Beziehungen erzeugt, ist Rechtssicherheit angeraten. Mehr noch als Formalismen, ist es sehr wichtig Nachhaltigkeitskriterien zu fixieren um ein abweichen von sozialen und ethischen Standards schnell feststellen zu können. Dabei ist die überprüfbarkeit genauso wichtig wie das Kriterium selbst. Werden Kriterien nicht eingehalten müssen Strafen folgen. Echte Strafen müssen immer dann folgen, wenn Selbstregularien nicht mehr greifen. Sanktionen helfen Commons zu schützen!
Werden Commons von vornherein klar und eindeutig definiert und permanent reflektiert, ist es leichter mit ihnen flexibel umzugehen und sind somit in der Lage sich verändernden Bedingungen anpassen. Commons können über einen sehr langen Zeitraum bestehen, daher ist es Notwendig sich Gedanken darüber zu machen, wie man Commons mit einen Generationenvertrag ausstatten kann. Mit Generationen ist nicht nur die menschliche Biologie gemeint sondern auch, was passiert wenn eine neue Gruppe von Commoner die Fürsorge über die Ressourcen übernimmt. Am besten funktioniert das wenn das Funktionieren der Commons nicht personenbezogen abhängig ist. Jeder muss ersetzbar sein. Im Grunde muss jedes Commons eine Art Generationenvertrag ausgehandelt werden, wie es z.B. beim Miethäusersyndikat der Fall ist.
Gestaltet man mit Hilfe der Commons ein Geschäft aus, ist eine klare Darstellung der Motivation mit der man mit das Geschäft verfolgt wichtig. Helfen kann da das move-commons-label. Natürlich gilt auch hier, die überprüfbarkeit und Sanktionsfähigkeit muss gewährleistet sein.
Was häufig vergessen wird, das Handlungsanleitungen quasi Betriebsanleitungen, wie mit dem Gut oder der Ressourcen umzugehen ist ebenfalls zu schützen sind. siehe Beispiel MySQL
In der digitalen Welt gibt es sogenannte Forks (Gabel), sprich Abgabelung, Abspaltung, z.B. ist LibreOffice ein Fork von OpenOffice, im realen Leben ist dies allerdings eher wenig praktikabel bis unmöglich umzusetzen.
Ein kampf um Resourcen dargestellt am Bespiel von MySQL
Das Beispiel MySQL relationales Datenbankmanagementsystem kurz RDBMS)ist eines der härtesten Kämpfe um ein digitales COMMON.
MySQL benannt nach dem Namen der ersten Tochter des Mitbegründers Michael Widenius, wurde 1994 veröffentlicht und ist seit dem unter GPL lizenziert. MySQL wurde unter Michael Widenius, der leitenden Einfluss auf die Entwicklung hatte und mit hilfe zahlloser freiwillger Helfer zu einem der effizentesten relationen-Datenbankmanagementsysteme. Es ist das am meisten verbreitete DBMS der Welt, mit ca. 50 Mio. Installationen hat es eine fast monopolartige Stellung. Es kommt auf schätzungsweise 90% aller Webserver zum Einsatz.
2008 kaufte die Firma SUN die Namensrechte an MySQL. ORACLE hat die Firma SUN später für 7,4 Milliarden US-Dollar übernommen.2 ORACLE ist der größte Anbieter an von propitären DBMS und versucht sich so seinen größten Konkurenten einzuverleiben. Oracle vertreibt neben der GPL auch eine proprietäre Variante von MySQL und steckt nachdem sich die meisten freiwilligen Entwickler verabschiedet haben, eigene Entwicklungsarbeit hinein und entwickelt allein propitäre Bestandteile für MySQL weiter. Trotz aller juristischen Versuche MySQL aus der GPL zu lösen ist es SUN/ORACLE bisher nicht gelungen. MariaDB ist ein Fork von dem freien MySQL. Gäbe es MySQL/MariaDB nicht, könnten Anbieter wie ORACLE oder Microsoft für jede Datenbank Geld verlangen. Nahezu jeder Blog, jedes CMS nutz MySQL im Hintergrund.
Derartige komplexe Anwendungen sind umfangreich Dokumentiert. Auch zu MySQL gab es solange wie es von der freien Community betreut worden ist ein freies Referenzhandbuch unter einer entsprechend freien Lizenz. Seit SUN/ORACLE an dem Code arbeiten, werden die von ihnen entwickelten änderungen nicht mehr frei dokumentiert. Das neue Referenzhandbuch steht nur unter Copyright zur Verfügung.
Ein solch riesiges Projekt wie MySQL lässt sich nicht mehr allein durch CODE-Vergleiche erläutern sondern bedarf einer umfangreichen dokumentation, entzieht man den Menschen diese, so ist die eigentliche Ressource in Gefahr, peu-à-peu zu verschwinden. Dokumentierungen, Anleitungen, Betriebsanleitungen, How-To’s müssen ebenso geschützt werden wie das Gut selbst.
Zusammenfassung
Es bedarf eine eineindeutige Definition des Commons. Zudem die muss die ursächliche Motivation manifestiert werden. Warum man sich um die Ressource kümmert. Die Rechtssicherheit sollte möglichst groß sein. Nachhaltigkeitskriterien müssen überprüfbar sein und es müssen Sanktionen auf vergehen folgen. Weiterhin gehört auch, das Generationen übergreifendes denken und handeln vereinbart und verabredet werden muss.
Sollten euch noch mehr Ideen einfallen wie man Commons schützen kann, schreib mir dies als Kommentar.
update: 14.01.2014
- ak 549: „Die gesellschaftliche Logik der Commons”. Online Verfügbar unter: http://www.akweb.de/ak_s/ak549/09.htm. (Zugegriffen: 16-Dez-2013) ↩
- Golem: MySQL-Streit, EU wird übernahme Suns durchwinken (Zugriff am 06.01.2014) ↩