Anlässlich des 110-jährigen Bestehens der Staatsbibliothek in ihrer jetzigen Form, hat die Stabi wie sie auch genannt wird, die Bevölkerung und Interessierte zu einem „Tag der offenen Tür“ eingeladen. Das war der 16. März 2024. Seit 1661 gibt es in Berlin eine Bibliothek, doch in dieser Form und Ausprägung gibt es die Staatsbibliothek erst seit 1914, sie wurde als „Königliche Bibliothek“, unter Wilhelm II., gegründet.
Dieser „Tag der offenen Tür“ war seit sieben Jahren wieder der erste „Tag der offenen Tür“. Ein Festakt zur Wiedereröffnung, nach der langjährigen Sanierung, dem Umbau und Rekonstruktion von 2005-2019, fiel 2021 klein aus und fand wegen der Corona-Pandemie lediglich virtuell statt.
Für Gäste war das Haus beim „Tag der offenen Tür“ von 14.00 bis 22.00 Uhr offen, wobei ab 19.00 Uhr nur noch die Bar- und Abendveranstaltung zugänglich war. Ab 14.00 bis ca. 18.00 Uhr konnte man zwischen zwölf verschiedenen Führungen wählen, die sich in den vier Stunden mehrfach wiederholt haben. Insgesamt wurden 52 Führungen durchgeführt, bei denen den Besuchern jeweils ein Aspekt der Staatsbibliothek nähergebracht wurde. Zudem gab es zahlreiche Infostände wo sich diverse Fachabteilungen der Bibliothek vorstellten, es gab Bereiche für Kinder, Quiz und Tombola. Alles in allem ein buntes Angebot, was die Stabi auffuhr. Der Besuch der Daueraustellung und temporären Franz Kafka-Austellung Das Fotoalbum der Familie Kafka kam noch dazu. – Die Schatzkammer ein Highlight.
Aus den Gesprächen mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, war ohne Ausnahme eine große Freude über den Tag der offenen Tür herauszuhören, zum einen weil es lange keinen solchen gab, zum anderen um endlich einer Öffentlichkeit die ansonsten unsichtbaren Abteilungen der Stabi vorstellen zu können. Neben den hausinternen Infoständen hatte die Stabi auch Externe eingeladen wie z.B. das Recherche-Netzwerk Correctiv, die mit einem Infostand vor Ort waren und einen Miniworkshop in Sachen Fake-News angeboten haben. Eine Arbeitsgemeinschaft „Kunstwissenschaften + Wikipedia“ stellte sich vor. Ein Zusammenschluss von rund vierzig Personen aus dem deutschsprachigen Raum, die jeweils kunstgeschichtliche Expertise haben und sich in der Wikipedia engagieren.
Gegenüber stellte sich das „E.T.A. Hoffmann Portal“ vor, dass ebenfalls Teil der Stabi und DIE Anlaufstelle für E.T.A. Hoffmann in Deutschland ist. Bemerkenswert an dem Portal ist, das die Verantwortlichen versuchen Informationen zielgruppenspezifisch aufzubereiten und zur Verfügung zu stellen. Die vier großen Zielgruppen sind zum einen Forschende, allgemein Interessierte, Schüler und als letzte große Zielgruppe Lehrer und Lehrerinnen. Darüber hinaus ist es dem Portal, so die Hoffmann-Expertin Ursula Jäcker, gelungen rund zweitausend Digitalisate aus Bamberg und Berlin über dieses Portal zusammenzuführen und öffentlich zugänglich zu machen. Auch an diesem Stand konnte man spielerisch sein Wissen über E.T.A. Hoffmann testen.
In einem anderen Flügel des beeindruckenden Gebäudes war die Kartenabteilung mit ihre zahlreichen Globen, historischen Karten, Ansichten und Kupferstichen zu bewundern gewesen. Bei all der Freude über die Kunst und Kultur die dieser Ort in sich birgt, kam mir am Stand der Ukraine etwas Schwermut auf. Es herrscht Krieg in der Ukraine. Es ist gut zu sehen, dass sich die Stabi und ihre Mitarbeiter solidarisch mit den Kollegen in der Ukraine zeigen und so gut wie es geht helfen. So wurde palettenweise Verpackungsmaterial nach Kiew geliefert, um dortige historische Sammlungen zu retten, dezentral zu lagern und so versucht wird, sie vor russischen Bomben zu schützen. Im Gesprächsverlauf mit den Mitarbeitern der Osteuropaabteilung, war zu hören, dass der allgemeine Bibliotheksbetrieb in der Ukraine auch unter Kriegsbedingungen weiter geht. Voraussetzung ist, dass die jeweilige Bibliothek einen „Schutzraum“ hat. Außerdem kauft die Stabi weiterhin relevante Neuerscheinungen aus der Ukraine an und zeigt, dass der Kulturbetrieb trotz des Angriff Russlands weiter geht.
Wer für Bücher und Medien weniger Interesse hat, als an Architektur und Architekturgeschichte kann sich am Gebäude ergötzen. Nach dem Umbau, Sanierung, Teilrekonstruktion und Wiedereröffnung im Sommer 2021, erstrahlt das imposante Bauwerk mit seinen zahlreichen Flügeln in neuem Glanz.
Die Veranstalter hofften und waren im Vorfeld guten Mutes, dass der Tag der offenen Tür von den Berlinern gut angenommen werden wird, dass aber der Andrang so groß sein wird, übertraf dann doch die Erwartung der meisten. Der große Zulauf sorgte umsomehr für eine positive Stimmung. Auch wenn es stellenweise voll war, war es nicht überlaufen. Über den gesamten Zeitraum hinweg wurden etwa 4000 Besucher gezählt. Wer zu spät kam, konnte keinen Platz mehr, für eine der zweiundfünfzig Führungen buchen. Was sich von außen beobachten ließ, so war der „Tag der offenen Tür“ ein voller Erfolg. Besonders gut fand ich alles was spielerische Elemente hatte und den lockeren, immer freundlichen Umgangston, den die Stabi-Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ausgestrahlt haben. Der Eintritt war frei. Es waren verhältnismäßig viele „Kartoffelnasen“ da. Der einzige Kritikpunkt von meiner Seite aus ist, dass interkulturelle Programmpunkte fehlten. Das könnte vielleicht eine Option sein, um mehr Menschen mit offensichtlicher Migration- und Fluchterfahrung anzuziehen und für den Tag der offenen Tür in der Stabi begeistern. Zusammenfassend lässt sich sagen, ein sehr schönes Ereignis, dass sich so oder so ähnlich, gerne alle paar Jahre wiederholen kann.