Denklatenz

Das Magazin

Sturm Sandy

Katastrophen als Medienereignis

Medien nehmen in zunehmender Art und Weise ihre Nachrichtenberichterstattungen als Entertainment- und Fernsehunterhaltung wahr. Eine Medienkritik.

09. November 2012

von René Buchfink

Als sich abzeichnete, das sich ein Sturm Namens „Sandy“ mit ungeheuren Ausmaßen zusammen brauen würde, ist das vielleicht Tickermeldung Wert. Wen aber Meteorologen und Wetterexperten sich gegenseitig in ihren Vorhersagen übertreffen und im einhelligen Tenor vom Jahrhundertsturm die Rede ist, dann ist es eigentlich nur noch wichtig wo sich das Unwetter befindet, damit man damit dicke Überschriften drucken kann.

New York, das ist die Stadt in der jeder schon einmal war oder jemanden kennt, der mal dort war. Diesbezüglich ist diese Stadt ein wunderbarer Schauplatz für Naturgewalten und Medienberichterstattung. Die Stadt die niemals schläft, ihr Mythos, ist wie gemacht für Titelseiten und Sondersendungen. In zahllosen TV-Sendungen wurde der Sturm hin und her analysiert. Die Stadtgeschichte New Yorks mit dem, des als Jahrhundertsturm gepriesenen Unwetters auf Kurs gebracht. Moderatorenduos die in Nachrichtenformaten, den Untergang der Stadt, im Roland-Emmerich-Manier skizzieren.

Während zahllose Kamerateams Tage vorher das anlanden des Sturms an die amerikanische Küste erwarten, erfolgt eine sehr dünne Berichterstattung über Kuba und Haiti. Auch dort wütet der Sturm. Über das Leben in Kuba wird nicht berichtet außer es handelt sich um einen unverfänglichen Reisebericht in der Rum und Zigarren gelobt werden und 50er Jahre Oldtimer in Erscheinung treten.

Haiti, das ist die Insel die 2010 von einem schweren Erdbeben betroffen war und das halbe Land in Trümmern legte, hat heute immer noch mit den Folgen von damals zu kämpfen. Der Sturm Sandy machte das bisher mühselig aufgebaute wieder zunichte.

Der Maßstab den vor allem die visuellen Medien anlegen, hängt mit dem zusammen was der angebliche Leser oder Zuschauer sehen möchte. New York als populäre Metropole gäbe da einfach die „besseren“ Bilder ab, welche die Menschen sehen wollten, so die Logik der gängigen Massenmedien. Benjamin von Brackel Autor beim Der Freitag schreibt diesbezüglich, das es einen verengten Blick auf das Zentrum gebe, besonders in den USA, die Peripherie wird ausgeblendet. Kuba und Haiti sind beim Sturm Sandy die Peripherie.

Der Unterschiedliche Maßstab im Umgang mit den Katastrophengebieten ist selbst auch innerhalb der USA unverkennbar. Man braucht nur das Krisenmanagement in New York, für das Obama gelobt wurde mit dem der Bush-Regierung nach dem Wirbelsturm Kathrina zu vergleichen.

Klickzahlen oder Einschaltquote sollten jedenfalls nicht der primäre Maßstab für die Medienarbeit sein.