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Von Kreuzberg nach Washington

Ines Pohl geht zur Deutschen Welle

Die langjährige Chefredakteurin der taz Ines Pohl verlässt die Tageszeitung und wird Auslandskorrespondentin der Deutsche Welle (DW) in Washington.

Ines Pohl und DW
Bild: ines pohl taz im tazcafe von Sebaso, kollageiert von denlatenz.de unter CC BY-SA 4.0

06. Juli 2015

von René Buchfink

Wie die taz in ihrer Bekanntmachung vom 3. Juni 2015 darstellt, verlässt Ines Pohl nach 6 Jahren in der Rolle der Chefredakteurin die tageszeitung (taz) und wird als Auslandskorrespondentin aus Washington (USA) für die Deutsche Welle (DW) arbeiten.[Nachtrag: Ines Pohl wird als „Freie Mitarbeiterin“ für die Deutsche Welle arbeiten.]

Das Format Fernsehen ist ihr vertraut. Regelmäßig war sie Gast im Presseclub der ARD und wurde von anderen politischen Talksendungen wie z.B. Maybritt Illner vom ZDF gerne eingeladen. Kamerascheu oder gehemmt wirkte sie dabei nicht. Es ist anzunehmen das sie ihre Journallistenkarriere in Richtung TV weiterentwickeln will.

Für Pohl ist es ein doppelter Sprung, vom Posten der Chefredaktion runter und hinüber den Atlantik. Von einem linken Blatt so die Selbstdarstellung, hin zu einem konservativen öffentlich-rechtlichen Sender, dessen Chefintendant Peter Limbourg ist.

Die Neue Deutsche Welle

Die Deutsche Welle ist der staatliche Auslandsrundfunk der Bundesrepublik Deutschland. Offiziell gibt es die DW seit 1953, kann aber auf eine langjährige Tradition zurückblicken die bis ins Jahr 1924 reicht. Der Sender und die Inhalte wenden sich an im Ausland lebende Deutsche sowie all jene die sich über Deutschland ein Bild machen wollen. Eine Vielzahl an kulturellen und politischen Magazinen sowie Nachrichten und Dokumentationen aus Deutschland werden in verschiedenen Sprachen gezeigt. Rund 30 Prozent aller Sendungen werden in deutscher Sprache ausgestrahlt. Der öffentlich-rechtliche Sender Deutsche Welle wird anders als ARD, ZDF und Deutschlandradio, durch Steuermittel finanziert.

Der Deutschen Welle hing bis zuletzt ein eher gediegenes und etwas konservatives Image an. Ein Sender der immer da war und sich in den letzten 20 Jahren kaum verändert zu haben schien und ein Stück „alte BRD“ verkörperte. Ein unauffälliger Sender, der sein Programm trocken und sachlich abspult.

Im Jahr 2013 wurde Peter Limbourg durch den Rundfunkrat zum Intendanten der DW berufen und löste Erik Bettermann ab, der zwölf Jahre lang diese Funktion inne hatte. Auf den SPD-Mann Bettermann folgt nun also der CDU-nahe Journalist Limbourg. „Der jeweilige Intendant passt ‚farblich‘ zur jeweiligen Bundesregierung“, schrieb Andreas Casdorff vom Tagesspiegel.

ZEIT ONLINE: Sie haben aber auch gesagt, man müsse „Putins Propaganda Paroli“ bieten.

Limbourg: Der muss man Paroli bieten, ja, allerdings durch Aufklärung. Durch ausgewogenen Journalismus, der beide Seiten zu Wort kommen lässt. Wir sehen uns nicht in der Rolle, Gegenpropaganda zu machen. Wir machen Journalismus auf einem demokratischen Wertefundament. Wir sind gern bereit, mit der EU zu sprechen, die unsere Experten auch eingeladen hat, an Gesprächen teilzunehmen. Aber ich sehe uns nicht als Teil einer Gegenoffensive.

Quelle: die Zeit „Wir zählen uns zur ‚Soft Power'“ vom 03.04.2015

Berliner Zeitung: Sie setzen auf englischsprachiges Nachrichtenfernsehen. Wieso begeben Sie sich in den Wettbewerb mit finanziell weit besser gestellten Kanälen wie CNN und BBC?

Limbourg: Täten wir das nicht, müssten wir uns irgendwann fragen lassen, warum es die Deutsche Welle überhaupt gibt. Dank Internet hat die Welt Zugang zu so vielen deutschsprachigen Informationen, dass es dafür nicht noch die Deutsche Welle braucht. Ja, der Wettbewerb unter den linearen, englischsprachigen Auslandssendern ist sehr hoch. Genau deshalb sollten wir uns da nicht heraushalten. Deutschland mit seiner Exportabhängigkeit und wertegetriebenen Außenpolitik darf sich da nicht wegducken.

Quelle: Berliner Zeitung „Wir gehen einen Schritt weiter als andere“ vom 08.05.2014

Diese zwei kurzen Ausschnitte von Interviews die der neue Intendant Limbourg mit der Zeit und der Berliner Zeitung führte, machen deutlich das die DW sich seit 2013 als politisches Instrument der Bundesrepublik sieht und nicht mehr nur als neutrales journalistisches Element. Auch wenn Limbourg sich gewählt und differenziert ausdrückte, so wird Stoßrichtung doch klar. Die DW hat einen politischen Auftrag vom Rundfunkrat mitbekommen. Die Deutschen Welle soll ein Gegengewicht zu den russischen Propagandabemühungen werden.

Die taz in Grün

Die taz wurde Ende der 1970er Jahre im Umfeld der Umwelt und Anti-AKW Bewegung gegründet und hat eine inhaltliche Nähe zu Partei Bündnis90 / dieGrünen. Die genossenschaftlich geführte Tageszeitung hat in den letzten Jahren eine relativ stabile Auflage von rund 55.000 Stück. Heute bedient sie ein Leserklientel das sich für Umwelt- und Naturschutz interessiert und sich im weitesten Sinne für politisch Links verordnet hält. In ihren Artikeln geht es häufig um umweltpolitische Themen, Klimaschutzfragen und um Armutsbekämpfung in der dritten Welt.

Die taz gibt mit ihrem Projekt bewegung-taz – Plattform für Veränderung politischen Gruppen eine Plattform und das taz.lab – Das Zukunftslabor ist eine von Linken gern besuchte Veranstaltung. Sie bleibt jedoch immer im Wohlfühlmodus. Sie unterlässt es die vorherrschenden Systeme zu hinterfragen. Sie hat sich eingerichtet im Konzert der Pressehäuser und spielt dabei die linke Geige.

Von daher ist der ideologische Sprung den Ines Pohl macht, nicht so groß wie man im ersten Moment meinen könnte. Von einem links-bürgerlichen Blatt hin zu einem öffentlich-rechtlichen Fernsehsender, der den Auftrag hat politische Propaganda im Ausland zu machen.

Seit 1. April 2014 teilten sich Ines Pohl und Andreas Rüttenauer als Doppelspitze die redaktionelle Führung der taz. Andreas Rüttenauer wird die taz als Chefredakteur weiterführen.