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Theaterkritik

Maxim Gorki Theater: Rocco und seine Brüder

Luchino Viscontis Meisterwerk Rocco und seine Brüder wurden nun von Antú Romero Nunesdes für die Theaterbühne adaptiert und wunderbar umgesetzt.

11. Mai 2011

von René Buchfink

„Rocco und seine Brüder“ ist ursprünglich ein Film von Luchino Visconti. Der 1960 erschienene Film ist nicht nur wegen der Entdeckung von Alain Delon bedeutend, er wirkt besonders durch die gesellschaftskritischen Ansätze nach. Viscontis Erfahrung und nähe zum Theater ist unverkennbar. Somit begrüße ich es sehr, dass das Maxim Gorki Theater in Berlin, diese Steilvorlage aufgenommen hat und Viscontis großartiges Filmwerk auf die Theaterbühne erhoben hat.

Im Grunde adaptiert das Ensemble die Themen des Film ganz gut. Die Witwe zieht mit ihren 4 Söhnen nach Mailand wo der 5. und älteste Sohn schon lebt. Die Mutter erhofft sich eine neue erhobene wirtschaftliche Stellung und Zukunft für sich und ihre Söhne.

Auf der Suche nach einem besseren Leben ohne materielle Not verlassen immer mehr Menschen den bitterarmen ländlichen Süden, um ihr Glück im reichen Norden, in der Stadt Mailand, zu finden. Unter ihnen auch Rosaria Parondi und ihre Söhne: Auf der einen Seite Vincenzo, der schon bald eine Familie gründet und sich eine eigene Wohnung einrichten kann, sowie Ciro, der ein ähnliches Leben anstrebt. Auf der anderen Seite Simone und Rocco, die als Boxer Karriere machen. Als jedoch Simone im Sport nachlässt, sich verschuldet, dem Alkohol verfällt und sich seine ehemalige Geliebte Nadia in Rocco verliebt, nimmt die Tragödie ihren Lauf, und die Familie droht auseinanderzubrechen.
Die Filmvorlage von Luchino Visconti beschreibt mit dem Mythos der reichen Stadt, die einerseits den sozialen Aufstieg ermöglicht, andererseits mit ihren Verlockungen und Verführungen aber als Gefahr für die traditionelle Familie und ihre Werte wahrgenommen wird, ein Phänomen, das nicht nur im Nachkriegs-Italien aktuell war.

Die sehr gelungene Einführung, die Reise nach Mailand, wurde als „Schwarz-Weiß-Szene“ Dargestellt. Als Reminiszenz zur Vorlage. Das stumme Spiel mit Klavierunterstützung und Übertiteln hat mir sehr gut gefallen. Das Spiel im Schnee und die ehrliche Arbeit, zeigt eine zusammenhaltende Brüderschaft, die ihre kindlichen Wurzeln immernoch in sich tragen. Die Figuren bekommen nun langsam Stimmen und Charaktereigenschaften. Das Bühnenbild verändert sich durch Lichteinstellungen und beigemischten Soundeffekten. Die Soundeffekte empfand ich etwas laut, aber die Schauspieler konnten in meinen Augen gut und kräftig gegen die Lautsprecher ansprechen.

Das auftauchen der Nadia gespielt von Anne Müller als Femme fatale sorgte für große Augen. Aber auch die Damen hatten ein offenes Herz für den boxenden Simone, gespielt von Michael Klammer. Da merkt man das körperliche Ästhetik für das Schauspiel ganz Zuneigend sein kann. Gerade die Boxtrainingsszene auf dem Drehteller hinterlässt bleibenden Eindruck. Eine weitere Szene die ich für gelungen halte, aber dennoch ambivalent aufgenommen habe, ist die Vergewaltigungsszene. Licht aus! Licht geht an, Licht aus! Licht geht an, mach das Licht aus! – Ich fand es gut das man die Vergewaltigung nicht unnötig überhöht hat, ambivalent blieb es mir dennoch, weil ich nicht wusste soll man erschrocken über den Gewaltakt sein, oder über den humoristischen Zug des „Licht an – Licht aus“ spiels, lachen? Die Mischung aus beiden fand ich gelungen.

Das verhalten von Rocco und das Dramatische Ende von Nadia, konnte ich noch nie richtig nachvollziehen, aber das stellt für die schöne und gelungene Theaterdarstellung keinen Abbruch dar.

Fazit:
Eine sehr gute Aufführung. Wenn man den Film von Visconti schon mag, dann sollte man auch die Chance nutzen „Rocco und seine Brüder“, Live in Schwarz/Weiß und Farbe zu sehen. Die Inszenierung ist ohne Vorbehalte gut. Knappe 2 Stunden sind auch nicht zu lang oder zu kurz.

Fakten:
rocco und seine brüder boxen
Pressefoto: Maxim-Gorki-Theater
Titel: Rocco und seine Brüder
Ort: Maxim-Gorki-Theater Berlin
Besetzung:
  • Vincenzo: Albrecht Abraham Schuch
  • Simone: Michael Klammer
  • Rocco: Robert Kuchenbuch
  • Ciro: Matti Krause
  • Luca: Alp Erdener Ergovan / Berk Kavasoglu
  • Rosaria/Chefin/Giulio: Andreas Leupold
  • Nadia: Anne Müller
Regie: Antú Romero Nunes
Kostüm: Judith Hepting
Bühne: Florian Lösche
Musik: Johannes Hofmann
Dramaturgie: Carmen Wolfram
Künstlerrische Mitarbeit Regine Dura
Vorstellung vom: 09.05.2011 im Maxim-Gorki-Theater