Denklatenz

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Buchrezension

Monika Maron: Stille Zeile Sechs

16. Mai 2011

von René Buchfink

Diesen Roman kann man in zwei unterschiedlichen Modi lesen. Zum einen nach dem Inhalt und zum anderen nach sprachlicher Eleganz. Beides ist vortrefflich. Die Gleichnisse die sie verwendet sind mit bedacht gewählt. Viele kleine interessante Beobachtungen des Lebens werden gekonnt wiedergegeben. Nicht zu blumig oder zu verkopft.

Stille Zeile Sechs, lautet nicht nur der Roman sondern so liest sich dieser auch. Er ist weder laut noch hektisch. Ganz bedacht und in Ruhe geht die Erzählung voran, selbst wenn geschrien wird, bleibt die Stimmung gedämpft und kontrolliert. Der Roman ist konsequent aus einer Ich-Perspektive geschrieben. Es gibt weder laute Helden noch gibt es laute Verbrecher. Der Roman setzt sich kritisch mit der DDR auseinander. Er erschien 1991, die Handlung spielt zum Großenteil in der DDR der 1980er Jahre ab. Der Roman gibt Einblick in die akademische Welt der Republik, sowie bringt Einblicke in den (real)existierenden Sozialismus. Stille Zeile Sechs ist nicht die erwartete große Anklageschrift gegen das System SED. Das ist auch gut so. Vielmehr wird das Leben und Wirken zweier Individuen gezeigt. Rosalind Polkowski ist als 44 Jahrige Historikerin diejenige, die den alten Herbert Beerenbaum seine Memoiren abnehmen soll. Um diese Figuren herum bildet Maron eine historische Welt ab, die die Ambivalenz zwischen idealisierter Idee des Kommunismus und der Wirklichkeit widerspiegelt. Obwohl Maron nur den Mikrokosmos einzelner Menschen darstellt, erkennt man auch die größeren Geschehnisse die ebenfalls Bestandteil des Romans sind.

Monika Marons Roman setzt viel Wissen voraus. Wenn zum Beispiel partiell vom Hotel Lux die Rede ist dann verbirgt dahinter nicht nur irgendein Hotel sondern DAS Hotel, in dem die Gruppe Ulbricht in ihrer östlichen Emigration wohnten. Von diesen stillen verweisen gibt es mehrere die zum verstehen des Romans von nicht unerheblicher Bedeutung sind. In ostdeutscher Tradition gilt es auch hier zwischen den Zeilen zu lesen. Die Figuren erhalten dadurch mehr Plastizität, wirken Echter.

Fazit:
Ein sehr gelungener Roman über ein Thema der jüngeren Deutschen Geschichte, von einer Autorin die auf sehr hohen prosaischen Niveau schreibt.

Fakten: Monika Maron Stille Zeile Sechs
Bild: Buchcover
Autor: Monika Maron
Titel: Stille Zeile Sechs
Seiten: 218
Verlag: Vorliegende Ausgabe
S. Fischerverlag
VÖ-Jahr: 1991