Inhaltsverzeichnis
- Begrüßung Klaus Dörr und Markus Beckedahl
- Tom Hillenbrandt: Mad Max und die DSGVO: Die Auswirkungen dystopischer Science Fiction auf netzpolitische Debatten.
- Julia Reda: Die EU-Urheberrechtsreform. Stand der Dinge.
- Dr. Klaus Lederer im Gespräch mit Alexandra Wolf: Digitale Kultur in und für Berlin
- Abraham Taherivand: Das freie Internet ist nicht tot. Wie können wir gemeinsam dafür Kämpfen.
- Leonhard Dobusch: Warum Creative Commons und Öffentliche-Rechtliche (nicht) zusammenpassen.
- Sabine Smentek im Gespräch mit Arne Semstrott: E-Government und Open Data in Berlin.
- Brotzeit
Begrüßung Klaus Dörr und Markus Beckedahl
Nach dem die eintägige Veranstaltung einige male in der Kulturbrauerei und und letztes Jahr im Kino-Kosmos statt fand, wurde die Konferenz dieses Jahr in die Berliner Volksbühne verlegt. Nach begrüßenden Worten des kommissarischen Intendanten der Volksbühne Kaus Dörr übernahm Markus Beckedahl die Begrüßung der rund 400 Anwesenden im Hauptsaal. Er sprach von rund 700 Personen die sich für diese Konferenz angemeldet haben. Beckedahl wies auf die räumliche und nachbarschaftliche Nähe der Volksbühne mit dem Büro der Netzpolitik.org-Redaktion hin, bevor er einen groben Überblick über den Stand der netzpolitischen Gegenwart gab. Neben Hinweisen auf das Leistungsschutzrecht, Staatstrojaner, dem EU-Urheberrechtsreformen, stellte der die neuen Polizeigesetze als neue große Gefahr für die Zivilgesellschaft heraus. Er beschloss seine Eingangsworte mit der Forderung, statt beim Verfassungsschutz, bei den Datenschutzbehörden die Mitarbeiterzahlen zu verdoppeln.
Tom Hillenbrandt: Mad Max und die DSGVO: Die Auswirkungen dystopischer Science Fiction auf netzpolitische Debatten.
Tom Hillenbrandt ist Journalist und Autor von zahlreichen Romanen. Er referierte als erster Redner der Konferenz über Science Fiction Literatur. Dabei machte er deutlich das Science Fiction kein gutes Prognoseinstrument
ist und nicht die Aufgabe hat die vermutliche Zukunft abzubilden
. Er forderte die Zuhörer dazu auf Science-Fiction-Erzählungen starker als das zu betrachten was sie wirklich sind. Ein kreatives, phantastisch Werk eines Autoren, der zuallererst seine ausgedachte Geschichten erzählen will. Nach einer Aufzählung populärer Science-Fiction-Bücher und -Filme, wie z.B. Blade Runner 2049 oder die Serie Black Mirror, konstatiert Hillenbrandt das der überwiegende Teil der gegenwärtigen Sciencefictionliteratur dystopische Bilder projiziere. Er würde es begrüßen wieder mehr positive Utopien in der gegenwärtigen Sciencefictionliteratur zu lesen.
Julia Reda: Die EU-Urheberrechtsreform. Stand der Dinge.
Nach den Ausflug in den kulturellen Sektor, kam Julia Reda auf die Bühne um von ihrer Arbeit im Europaparlament zu berichten. Julia Reda ist für die Piraten-Partei 2014 ins EU-Parlament eingezogen und hat sich der Fraktion der europäischen Grünen angeschlossen. Sie erzählte, daß die letzte große Urheberrechtsreform eine EU-Richtlinie von 2001 ist. Sie spricht in ihrem Vortrag darüber, dass sie davon ausgeht, dass die Ergebnisse der aktuellen Verhandlungen einen ähnlichen langen Bestand haben wird wie die alte EU-Richtlinie. Zum einen Berichtet sie über ihre Bemühungen für ein einheitliches europäisches Urheberrecht einzutreten, zum anderen die Richtlinie für die digitale Realität fit zu machen. Dazu gehörten u.a. die Panoramafreiheit und das Recht auf Remix. Sie berichtet allerdings auch von den gravierenden Problem im Artikel 11 des vom EU-Parlament beschlossenen Entwurf, dem Leistungsschutzrecht für Verleger und dem Artikel 13, wo bisher das sogenannte Providerprivileg der E-Commerce-Richtlinie gilt.
Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger ist ein Immaterialgüterrecht in Deutschland. Es dient dem Schutz verlegerischer Leistungen „vor systematischen Zugriffen (…) durch die Anbieter von Suchmaschinen und Anbieter von solchen Diensten im Netz (…), die Inhalte entsprechend einer Suchmaschine aufbereiten (…)(und dadurch) für die eigene Wertschöpfung auch auf fremde verlegerische Leistungen (zugreifen).“
Quelle: https://de.wikipedia.org
In Artikel 13 des Entwurfs, soll der Plattformbetreiber im Falle einer Urheberrechtsverletzung nicht mehr nur Störer sein, sondern wie als originärer Verursacher behandelt werden. Bisher mussten diese Diensteanbieter ab den Zeitpunkt der Kenntnisnahme, den Inhalte aus dem Netz nehmen, wenn sie berechtige Anzeigen bekommen haben. Sollte Artikel 13 so in die Richtlinie aufgenommen werden, wie sie im September 2018 vom EU-Parlament mehrheitlich bejaht worden ist, werden Plattformen dazu verdonnert, sogenannte Uploadfilter einzubauen. In der Praxis dürfte das zu enormen freiheitseinschränkenden Verwerfungen im Internet kommen. Reda verglich anschließend Positionen unterschiedlicher Fraktionen und Länder miteinander zu der EU-Richtlinie.
Im zweiten Teil ihres Vortrag verwies Reda darauf, das es noch nicht zu spät sei und die Reform den Trilog noch nicht vollständig durchlaufen, machte aber darauf aufmerksam das nun die Karten im EU-Rat liegen. Es bleibe nicht mehr sehr viel Zeit bis Ende der Legislatur (Mai 2019) den Entwurf positiver zu gestalten, so Reda.
Unabhängig davon sprach sie an, welche Möglichkeiten eine Zivilgesellschaft hat Einfluss auf die Politiker auszuüben und gab einige Hinweise für NGO mit auf den Weg. Sie konstatierte das gesellschaftliche Interventionen wie z.B. das "Wikipedia-Blackout" in Italien vom 3. - 5. Juli 2018, durchaus erfolgreich seien, die Wirkdauer aber sehr kurz. Reda machte deutlich das ein permanentes Engagement der Gesellschaftlich nötig sei.
Dr. Klaus Lederer im Gespräch mit Alexandra Wolf: Digitale Kultur in und für Berlin
Klaus Lederer (dieLinke) ist Kultursenator Berlins. In dem Gespräch mit Alexandra Wolf ging es zunächst um das Haus der Volksbühne und die Querelen um den beurlaubten Intendanten Chris Dercon und die Interimslösung mit Klaus Dörr. Weiter sagte er, das die alten Häuser wie das Berliner Ensemble oder andere Theaterhäuser alles andere als altbackene Inszenierungen zeigen, die Technik der Bühnen beeindruckend sei aber dort eine digitale Infrastruktur kaum vorhanden ist. Lederer sagte weiter, dass die Berliner Kulturszene, offen und experimentierfreudig sei, es keine Scheu gegenüber dem Digitalen gibt, musste aber zugeben das bisher, in der Kulturförderung das Digitale Thema kaum Beachtung fand. Das digitale Angebot der Berliner Philharmoniker, die hochwertige Liveübertragungen anbieten, nannte er als Beispiel für einen digitalen Distributionsweg von Kunst und Kultur. Wobei er seine Rolle viel mehr darin sieht, die nicht kommerziell ausgerichteten Kultursphäre zu fördern. Er anerkennt, daß das Digitale mit in das Aufgabengebiet eines Kultursenators gehört und sagt: wenn wir an Kulturprojekte denken, dann denken wir das digitale mit, dann preisen wir das ein.
Laut seiner Wahrnehmung, werden die Schubladen verschwinden,…
und analoge und digitale Kultur immer stärker verzahnt. Als Berliner Kultursenator will er über Berlin hinaus, die kulturpolitischen Debatten für digitale Themen öffnen.
Abraham Taherivand: Das freie Internet ist nicht tot. Wie können wir gemeinsam dafür Kämpfen.
Als nächster Redner auf der Hauptbühne sprach Abrahm Taherivand, Geschäftsführender Vorstand des Wikimedia Deutschland – Gesellschaft zur Förderung Freien Wissens e. V.. In seinem Vortrag stellte er die weiter zunehmende Zentralisierung des gesamten Internet als Problem dar. Das Internet werde immer mehr für den Kommerz gebraucht, so Taherivand, und das der Plattformkapitalismus einen großen Anteil der erlebten Wirklichkeit einnimmt. Taherrivand monierte , das in der politischen Debatte das Internet nur als Wirtschaftsraum besprochen wird und alle anderen Aspekte dazu unter den Tisch fallen. Daten sind das neue Öl
, ist die Maxime der Politik. Er plädiert dafür, Debatten die sich mit dem Internet beschäftigen, im gemeinwohlorientierten Kontexten zu führen. Außerdem erinnerte er daran, daß Das Internet als globales Gemeingut gestartet ist
. Dazu schlägt er vor statt des Bildnisses Daten sind das neue Öl
, Daten sind wie Grundwasser
zu benutzen.
Er ging noch einmal auf die aktuelle EU-Urheberrechtsreform ein und sagt wie seine Vorredner auch, daß künstliche Filter der Meinungsfreiheit entgegenstehen. Darüberhinaus verwies er auf das immer stärker zunehmende Problem der fehlen Netzneutralität hin. Insgesamt stemmt sich Taherrivand als Vertreter des Wikimedia Deutschland der Durchkommerzialisierung des Internets entgegen und will den Menschen verdeutlichen den Kampf um Deutungshoheit und ums Internet nicht den Konzernen zu überlassen.
Leonhard Dobusch: Warum Creative Commons und Öffentliche-Rechtliche (nicht) zusammenpassen.
Leonhard Dobusch ist Experte in transnationaler Urheberrechtsregulierung und ist als Vertreter für die Interessensgruppe „Internet“ Mitglied des ZDF-Fernsehrat. Aus dieser Position heraus berichtet er in seinem halbstündigen Vortrag warum Creative Commons und Öffentliche-Rechtliche zusammenpassen, oder eben doch nicht.
Zunächst ging er der Frage nach warum sich die Öffentliche-Rechtlichen Medienanstalten auf den großen kommerziellen Plattformen wie Youtube und Facebook tummeln? Aus den Gesprächen mit den Redakteuren und Leitern des ZDF fand er heraus, das diese das Argument anführen, den Erstellern und Verbreitern von Fake-News auf Youtube & Co nicht das Feld zu überlassen. Worauf Dobusch noch nicht eingehen konnte auf die Aussage von Ulrich Wilhelm. Der ARD-Vorsitzende und Intendant des Bayerischen Rundfunks äußert sich im Interview mit dem Handelsblatt vom 23.09.2018 dahingehend, das er eine gemeinsame Plattform im Zusammenschluss verschiedener europäischer Sender präferiere um ein Gegengewicht zu Youtube und Co aufzubauen. Das dürfte zwischen dem ZDF und der ARD für etwas Diskussionsstoff sorgen.
Das die Inhalte der Öffentliche-Rechtlichen unter einer Freien Lizenz veröffentliche würden, stünde auch auf dem Wunschzettel der Wikipedia. Besonders die Animationen könnten die Artikel der eher textlastigen Enzyklopädie bereichern, so die Aussage. Ein Teil seines Vortrag verwendete Dobusch dafür die bedenken und realen Schwierigkeiten darzulegen. Er dampft sie zum Ende seines Vortrags auf fünf Punkte ein, warum das ZDF die Lizenzierung unter Creative Commons und besonders Freien Inhalten scheut.
- Angst vor Manipulation
- viele Rechteinhaber
- Vergütungsregeln, (Wiederholungshonorar)
- Wettbewerbsrecht
- Mehraufwände
Sabine Smentek im Gespräch mit Arne Semstrott: E-Government und Open Data in Berlin
Nach der Mittagspause gab es u.a. ein Gespräch zwischen Sabine Smentek und Arne Semstrott. Sie ist seit Dezember 2016 Staatssekretärin für Informations- und Kommunikationstechnik, in der Senatsverwaltung für Inneres und Sport in Berlin. Arne Semstrott ist Politikwissenschaftler und bei der Open Knowledge Foundation Projektleiter des Portals FragDenStaat.de und beschäftigt sich mit Informationsfreiheit.
Vorweg, die Conlusio; Keine Aussage unter dieser Nummer. So könnte das Fazit des knapp dreißig minütigen Gespräch zwischen den beiden heißen. In einem unmittelbaren an die Begrüßung anschließenden Monolog setzte Sabine Smentek auf Populismus. Statt zu kritischen Fragen Stellung zu beziehen, zog sie es vor ihre Erfolge zu präsentieren, z.B. das die Wartezeiten in den Bürgerämtern deutlich runter gegangen seien. Als zweite Anekdote erwähnte sie das sie den Missbrauch bei der KFZ-Zulassung schnell und unbürokratisch unterbinden konnte. Diese Erzählungen sind in der Sache nicht verkehrt, halfen aber nicht die von Semstrott gestellten Fragen zum Um- und Ausbau der IT-Verwaltungsstruktur zu beantworten. Sie verwies auf die Binsenweiheit der berlineigenen doppelten Verwaltungsstruktur, der zwischen Bezirken und dem Land Berlin. Sie verschwieg, daß nur noch kleine Reste der IT-Verwaltungsinfraktur in Bezirkshand liegen. Das allermeiste wird über die höhere Ebene gesteuert. Federführend ist das Rote Rathaus zusammen mit dem Landeseigenen Dienstleister das IT-Dienstleistungszentrum Berlin, ein kommunales Unternehmen. Das Problem mit "unersetzbaren" Fachanwendungen ist Bekannt. Da gab es von der Staatssekretärin aber auch kein Lösungsansatz, wie es da weitergehen könnte.
Open Source Lösungen für die Verwaltung, spiele für Smentek nur eine untergeordnete Rolle, für sie stünden das Praktikable an erster Stelle. Zudem stellte sie nach vorn, daß sie aus den Fachanhörungen vernommen habe, daß Open Source Software nicht automatisch sicherer als proprietäre Software seien. Über die strukturellen Vorteil von Freier Software hat sie in dem Gespräch kein Wort verloren. Da hätte Semstrott als Gesprächsleiter deutlicher einhaken können. Er widmetet einen beträchtlichen Teil den kommenden Transparenzgesetzen. Auch bei dem Themenkomplex gab es wenig konstruktives von Staatssekretärin zu erfahren.
Da Frau Sementek auch im IT-Planungsrat des Bundes vertreten ist, wird sie vermutlich auch da eher die Interessen von Unternehmen befürworten deren Geschäftsmodell das Geheimnis von Quellcode und exklusives Wissen ist. Ein klares Bekenntnis für Open Source und Freie Software sowie für ein qualifiziertes Transparenzgesetz hat sie auf der Bühne nicht abgegeben. Nach 30 Minuten ist man ähnlich schlau wie vorher, nichts neues, leider.
Brotzeit
Insgesamt gab es rund 40 Programmpunkte an denen man Teilnehmen konnte, darunter waren 10 Workshops. Unter anderen konnte man lernen wie man Informationsfreiheitsanfragen stellt oder wie man eine Cryptoparty durchführt. Besonders interessant erschien ein Vernetzungstreffen für Interessierte die sich gegen die verschärften Polizeigesetze engagieren wollen.
Gegen 16.00 Uhr war ein Gespräch mit Ramona Pop (Bündis90/DieGrünen) zu "Smart City Berlin" geplant, was leider ausgefallen ist. Ansonsten gab es einen Vortrag von Max Schrems, der ein Vortrag zur Rechtsdurchsetzung gegenüber Plattformen referierte.
Im Erdgeschoss konnte man während der gesamten Zeit fröhlich Aluhute basteln. Mitarbeiter der Volksbühne lasen während der gesamten Zeit der Veranstaltung "befreite" Texte und Akten aus der Causa Bahnhof Südkreuz vor.
Fortsetzung folgt …
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