Ähnlich dystopisch wie Aventine aufhörte fängt das neue Album mit Strech your eyes an. Ein schwermütiger Einstand der zum Glück durch das daraufolgende Familiar gebrochen wird. Eine Geistergeschichte. Gut das die Stimmung etwas gelockert wird, denn eine Depressionsschleife mehr zum Anfang des Albums wäre zuviel und nicht gut. Das nächste instrumentale Stück Red Virgin Soil ist fast schon tanzbar und hat eine schöne innere Spannung die sehr gut in das Album passt. In It’s happing again singt Obel von immer wiederkehrenden, immergleichen Träumen, die sie ergreift und nicht abschütteln kann. Das anschließende Stone ist irgendwie schon bekannt, genauso hören sich Songs von Anges Obel eben an. The trojan horse erzählt vom verstecken und der Lüge die einem trojanischen Pferd inne wohnt. Ein weiterer Höhepunkt ist, das mit etwas mehr als zweieinhalb Minuten andauernde Stück, Grashopper. Die Symbiose mit dem Cello ist hier besonders gelungen. Insgesamt unterscheidet sich Grashopper deutlich von den anderen Songs des Albums. Im letzten Lied bleibt offen, wer Mary ist. Eine Nachbarin die heimlich still und leise an der Wand horcht – oder auch nicht – wer weiß das schon.
Mit Citizen of Glass hat sich Agnes Obel nicht neu erfunden. Aus der Schwermut, die sie noch in Aventine zeigte hat sie sich aber herausgewunden und sich thematisch etwas vom Herzschmerz verabschiedet. Gleichwohl es in ihren Liedern immernoch allein um die Beziehung zu sich selbst oder zu anderen Menschen geht. Das Arrangement der einzelnen Lieder ist wie immer tadellos. Neben ihrem Instrument dem Piano kommen Streicher und wie z.B. in Familiar eine zweite Gesangstimme hinzu.
Im Interview mit mit dem Intro spricht sie davon, daß das Konzept des gläsernen Bürgers unmittelbaren Einfluss auf das Album hatte und es unter Eindruck der Snowdenenthüllungen entstanden ist. Weiß man das, bekommen die Songs noch einen anderen Drall. Citizen of Glass kann bei richtiger Betrachtungswinkel wie ein Prisma in der Sonne wirken. Das farblose Sonnenspektrum des Sonnenlichts wird plötzlich in allen Farben des Regenbogens aufgefächert und wird erlebbar.
Fazit:
Diese rätselhaft bleibende Distanz zwischen den warmen Tönen und den mitunter kühlen, melancholischen, leicht dystopischen Botschaften machen das Album aus. Hinzukommt die Rezeption des Überwachungsthemas in musikalischer Form, die wohl eher selten ist. Ein aktuelles zeitgenössisches Album.
Fakten: | ||
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Künstler: | Agnes Obel | |
Album: | Citizen of Glass | |
Albumlänge: | ca. 40 min. | |
Tracklist: |
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Label: | Play it again Sam (PIAS) | |
Webseite: | www.agnesobel.com | |
VÖ-Jahr: | 2016 |